Pflegegesetz

Familienpflegezeit: Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Geschrieben von
Michaela König-Joseph
Zuletzt aktualisiert
12/5/2025

Definition

Anspruch

Beantragung

Gehalt & Sozialleistungen

Familienpflegezeit vs. Pflegezeit

Fazit

Kurz zusammengefasst

  • Rechtsanspruch nach FPfZG: Beschäftigte, die einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen und in einem Unternehmen mit mehr als 25 Angestellten arbeiten, haben Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit.
  • Familienpflegezeit Voraussetzungen: Der Angehörige muss mindestens Pflegegrad 1 haben und im häuslichen Umfeld gepflegt werden.
  • Kündigungsschutz: Laut FPfZG Paragraf 2a Abs. 5a darf Pflegenden von nahen Angehörigen während der Freistellung nicht gekündigt werden.
  • Zinsloses Darlehen zur finanziellen Absicherung während der Freistellung: Familienmitglieder, die einen nahen Angehörigen über einen längeren Zeitraum im häuslichen Umfeld pflegen, können ihr reduziertes Gehalt durch ein zinsloses Darlehen aufstocken.

Laut Bundesministerium für Familie, Senioren und Frauen sind derzeit rund 5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Trotz der Tatsache, dass die Pflege eines nahen Familienangehörigen nicht allein emotionale Stärke, sondern ebenfalls eine sorgfältige Planung und viel Zeit erfordert, werden circa 84 Prozent der Pflegebedürftigen von ihren Liebsten zu Hause betreut und gepflegt.

Jedoch kann die Pflegesituation besonders für Berufstätige auf Dauer zu einer großen Belastung werden. Um pflegende Angehörige in dieser herausfordernden Zeit bestmöglich zu unterstützen und Betroffenen die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu erleichtern, hat der Gesetzgeber die Familienpflegezeit eingeführt.

Im folgenden Ratgeber erfahren Sie, was Familienpflegezeit ist und welche Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch erfüllt werden müssen. Überdies geben wir Ihnen Tipps zur Antragstellung, sagen Ihnen, wie Sie Ihr Gehalt während dieser Zeit ausgleichen können und welche Möglichkeiten es zur sozialen Absicherung gibt.

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Familienpflegezeit: Definition und Ziele

Die Familienpflegezeit ist eine gesetzlich geregelte Teilzeitarbeit, die Beschäftigte für die Pflege eines nahen Familienmitglieds in Anspruch nehmen können. Sie ermöglicht es berufstätigen Angehörigen, ihre Arbeitszeit für bis zu maximal 24 Monate auf 15 Stunden die Woche zu reduzieren.

Das Ziel des Gesetzes ist es, pflegenden Angehörigen eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf zu ermöglichen, sodass sie während dieser herausfordernden Zeit ihre berufliche Tätigkeit  nicht vollständig aufgeben müssen. (1)

Wer hat Anspruch auf Familienpflegezeit?

Familienmitglieder, die über einen längeren Zeitraum einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Familienpflegezeit und können ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate auf 15 Stunden pro Woche reduzieren.

Familienpflegezeit Voraussetzungen:

  • Anerkannter Pflegegrad: Der nahe Angehörige sollte mindestens in Pflegegrad 1 eingestuft sein. Die anerkannte Pflegebedürftigkeit muss entweder durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes (MD) nachgewiesen werden können. Die gleichen Voraussetzungen gelten für Arbeitnehmer, deren pflegebedürftiger Angehöriger in einer privaten Pflegeversicherung versichert ist. Auch sie müssen ihrem Arbeitgeber einen entsprechenden Nachweis der Pflegebedürftigkeit vorlegen.
  • Ort der Pflege: Laut Familienpflegezeitgesetz muss die Pflege des nahen Angehörigen im häuslichen Umfeld stattfinden.
  • Betrieb mit mehr als 25 Angestellten: Ein Rechtsanspruch besteht für Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten angestellt sind. Hierzu gehören Vollzeit- und Teilzeitkräfte sowie Minijobber.

Gut zu wissen: Nahe Angehörige laut Familienpflegezeitgesetz

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf hat der Gesetzgeber auch den Begriff der „nahen Angehörigen“ zeitgemäß erweitert. So zählen neben dem Ehe- oder Lebenspartner sowie den Eltern, Geschwistern und Kindern mittlerweile ebenso folgenden Personengruppen zum nahen Verwandtenkreis:

  • Gleichgeschlechtliche Lebenspartner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft
  • Großeltern, Schwiegereltern und Stiefeltern
  • Adoptiv- oder Pflegekinder
  • Schwägerinnen und Schwager

Familienpflegezeit beantragen: Ankündigung beim Arbeitgeber

Pflegende Angehörige müssen die Familienpflegezeit bei ihrem Arbeitgeber schriftlich ankündigen. Folgende Informationen müssen in der Ankündigung enthalten sein: (5)

  • Ab wann möchten Sie ihre Arbeitszeit für die häusliche Pflege Ihres pflegebedürftigen Angehörigen reduzieren?
  • Wie lange wollen Sie Ihre wöchentliche Arbeitszeit reduzieren, 24 Monate oder weniger?
  • Wie viel Stunden gedenken Sie während der Teilzeit-Freistellung zu arbeiten, 15 Stunden oder mehr?

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Für einen reibungslosen bürokratischen Ablauf stellt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Betroffenen ein kostenloses Formular zum Herunterladen zur Verfügung, dass sie für die Antragstellung nutzen können. Darauf sollten Sie achten:

  1. Anspruch prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihr pflegebedürftiger Angehöriger mindestens in Pflegegrad 1 eingestuft ist.
  2. Nachweis auf Pflegebedürftigkeit einholen: Die anerkannte Pflegebedürftigkeit Ihres nahen Angehörigen müssen Sie Ihrem Arbeitgeber in Form einer Bescheinigung vorlegen können. Diese kann entweder durch die Pflegekasse, den Medizinischen Dienst oder bei Privatversicherten durch Medicproof ausgestellt werden.
  3. Ankündigung Familienpflegezeit: Laut Gesetz müssen Sie Ihren Arbeitgeber mindestens 8 Wochen vor Beginn der geplanten Arbeitsreduzierung schriftlich über Ihr Vorhaben in Kenntnis setzen. 
  4. Nachweis über das Verwandtschaftsverhältnis: Einige Arbeitgeber verlangen ein amtliches Dokument wie unter anderem eine Geburts- oder Heiratsurkunde, welches Ihr Verwandtschaftsverhältnis zur pflegebedürftigen Person dokumentieren. 
  5. Schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen: Bevor Sie Ihren Anspruch geltend machen, sollten Sie den Beginn und die Dauer der geplanten Freistellung sowie den Umfang der Arbeitsreduzierung und etwaige Gehaltsregelungen mit Ihrem Arbeitgeber klären und diese in einer schriftlichen Vereinbarung festhalten. 

Für den Zeitraum der Freistellung erhalten pflegende Familienmitglieder von ihrem Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung. Um diese monatlichen Defizite auszugleichen und finanzielle Engpässe überbrücken zu können, sollten Sie sich bereits im Voraus um Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung kümmern.

Gut zu wissen: Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass mehrere Familienmitglieder ihre Arbeitszeit reduzieren und sich die Zeit für die Pflege eines Angehörigen untereinander aufteilen. Für den Gesetzgeber spielt es hierbei keine Rolle, ob die Betreuung parallel oder nacheinander stattfindet, solange die Gesamtdauer sämtlicher Freistellungsmöglichkeiten von maximal 24 Monaten nicht überschritten wird.

Familienpflegezeit: Gehalt und Sozialleistungen 

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf hat der Gesetzgeber am 1. Januar 2015 die bestehenden Regelungen im Familienpflegezeitgesetz und Pflegezeitgesetz erweitert.

Für pflegende Angehörige bedeuteten die Neuerungen mehr finanzielle Unterstützung während der kurzzeitigen und langfristigen Betreuung eines nahen Familienmitglieds.

  • Pflegeunterstützungsgeld: Seit dem 1. Januar 2015 können berufstätige Angehörige 10 Tage von der Arbeit fernbleiben, wenn sie sich kurzfristig um die Organisation einer Pflegesituation in der Familie kümmern müssen. Für diese Zeit haben Betroffene Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld. Die Lohnersatzleistung wird bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragt. Dadurch bekommen Familien die Möglichkeit, die häusliche Betreuung und Pflege in einem Akutfall abzusichern und zu organisieren, ohne sich Gedanken um ihren Lohnausfall zu machen. (6)
  • Zinsloses Darlehen zur finanziellen Absicherung: Beschäftigte, die sich nach dem Familienpflegezeitgesetz von der Arbeit freistellen lassen, werden vom Staat gefördert und haben Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Dieses kann direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden. Es dient zur besseren Abfederung des Lebensunterhalts und wird in monatlichen Raten ausbezahlt. Grundsätzlich deckt es die Hälfte des durch die Freistellung fehlenden Nettogehalts ab. Nach Ende dieser Zeit muss das zinslose Darlehen in einem zeitlichen Rahmen von 48 Monaten zurückgezahlt werden. (3)

Info: Möchten Sie herausfinden, welcher maximale Darlehensbetrag Ihnen in Ihrem Fall zusteht? Mit dem Familienpflegezeit-Rechner des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend können Sie sich einen ungefähren Eindruck verschaffen.

Sozialversicherungen während der Familienpflegezeit

Der Gesetzgeber sorgt dafür, dass Beschäftigte, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen im häuslichen Umfeld betreuen, sozial abgesichert sind. Dies bedeutet für Sie als pflegende Person, dass die Pflegekasse Ihres Angehörigen für den Zeitraum der Freistellung Ihre Rentenversicherungs- und Unfallversicherungsbeiträge übernimmt. Welche Bedingungen an die finanzielle Unterstützung geknüpft sind, erfahren Sie im folgenden Überblick.

Unfallversicherung

Sobald Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen wenigstens 10 Stunden in der Woche, verteilt auf mindestens 2 Tage, im häuslichen Umfeld betreuen, haben Sie Anspruch auf eine beitragsfreie gesetzliche Unfallversicherung. Die Voraussetzungen hierfür sind, dass die zu pflegende Person mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist und Ihre betreuende Tätigkeit nicht aus beruflichen Gründen stattfindet. (4)

Rentenversicherung

Auch die Pflegeversicherung fördert die häusliche Pflege während der Familienpflegezeit. Denn während der Freistellung zahlt die Pflegekasse pflegenden Angehörigen die Beiträge zur Rentenversicherung. In welcher Höhe die Beitragszahlung stattfindet, hängt davon ab, in welchen Pflegegrad die pflegebedürftige Person eingestuft ist und wie viel Zeit die Pflegeperson für die Betreuung und Pflege eines nahen Angehörigen aufwendet. 

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Aber auch hier ist die Leistung an eine Voraussetzung geknüpft: Berufstätige müssen auch hier nachweisen können, dass sie die Pflege ihres nahen Familienangehörigen mindestens 10 Stunden in der Woche, verteilt auf zwei Tage absichern. (2)

Was ist der Unterschied zwischen Familienpflegezeit und Pflegezeit?

Einer der Hauptunterschiede ist, dass laut Pflegezeitgesetz (PflegeZG) während der Pflegezeit von bis zu 6 Monaten eine teilweise oder sogar vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung möglich ist.

Bei der Familienpflegezeit von bis zu 24 Monaten wird Pflegenden von nahen Familienmitgliedern wiederum nur eine teilweise Freistellung von der Arbeit ermöglicht. Dies bedeutet, dass laut Gesetz eine durchschnittliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden pro Woche nicht unterschritten werden darf.

Des Weiteren unterscheiden sich die beiden Möglichkeiten der Freistellung in den Anspruchsvoraussetzungen und Ankündigungsfristen. Der folgende Überblick spiegelt sämtliche Regeln und Fristen der beiden Freistellungsmöglichkeiten wider. (1)

Pflegezeit: Regelungen und Fristen laut Pflegezeitgesetz

  • Rechtsanspruch in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern
  • Ankündigungsfrist spätestens 10 Tage vor Beginn der geplanten Pflegezeit 
  • Freistellungszeitraum bis zu 6 Monaten
  • Eine vollständige oder teilweise Freistellung ist möglich

Familienpflegezeit: Regelungen und Fristen laut Familienpflegezeitgesetz

  • Rechtsanspruch in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten
  • Ankündigungsfrist von mindestens 8 Wochen vor Inanspruchnahme
  • Freistellung bis zu 24 Monate
  • Nur teilweise Freistellung bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden möglich

Info: Ein Wechsel von der Pflegezeit in die Familienpflegezeit ist möglich!

Eine Kombination aus Pflegezeit und Familienpflegezeit ist möglich. Jedoch muss die Inanspruchnahme immer nahtlos erfolgen. Überdies müssen Sie Ihren Arbeitgeber spätestens 3 Monate im Voraus schriftlich über Ihr Vorhaben in Kenntnis setzen.

Die zuvor beanspruchte Pflegezeit wird dann an den neuen Anspruchszeitraum von 24 Monaten angerechnet. Ausführliche Informationen zur Pflegezeit erhalten Sie in unserem Ratgeber. (1)

Fazit

Mit der Familienpflegezeit und Pflegezeit bietet der Gesetzgeber Arbeitnehmern mehr Flexibilität bei der Bewältigung ihrer Pflegeaufgaben und gewährleistet mithilfe verschiedener finanzieller Unterstützungsleistungen die soziale Absicherung.

Dadurch sind Beschäftigte nicht gezwungen, ihren Job für die Absicherung der häuslichen Pflege eines nahen Angehörigen komplett aufzugeben und können Familie, Beruf und Pflege besser miteinander vereinen. 

Häufig gestellte Fragen

Wer hat laut Familienpflegezeitgesetz Anspruch auf Familienpflegezeit?

Einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit haben laut Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten angestellt sind und einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung betreuen und pflegen. 

In Betrieben mit 25 oder weniger Beschäftigten besteht kein Rechtsanspruch. Jedoch haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihr Anliegen in schriftlicher Form zu äußern. Der Arbeitgeber ist dann innerhalb einer Frist von 4 Wochen dazu verpflichtet, Stellung zu beziehen.

Wie lange dauert die Familienpflegezeit?

Die Familienpflegezeit kann für maximal 24 Monate in Anspruch genommen werden, wobei eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden pro Woche eingehalten werden muss.

Quellen

(1) Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV): Familienpflegezeitgesetz (FPfZG): https://www.gesetze-im-internet.de/fpfzg/

(2) Bundesministerium für Gesundheit: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/soziale-absicherung-der-pflegeperson#:~:text=Die%20Höhe%20der%20Beiträge%20richtet,Werte%202023%20–%20neue%20Bundesländer)

(3) Bundesministerium für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben: https://www.bafza.de/programme-und-foerderungen/familienpflegezeit/familienpflegezeit-rechner

(4) Bundesministerium für Familie: https://www.wege-zur-pflege.de/themen/sozialversicherungen

(5) Gesetz über die Familienpflegezeit (Familienpflegezeitgesetz - FPfZG) § 9 Darlehensbescheid und Zahlweise: https://www.gesetze-im-internet.de/fpfzg/__9.html

(6) Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) § 44a Zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__44a.html