Präventive Pflege: Vorbeugen ist besser als Heilen

Definition
Bedeutung
Wichtige Maßnahmen
Arten der Prävention
Entlastungsangebote
Fazit
Kurz zusammengefasst
- Prävention in der Pflege: Präventionsmaßnahmen in der Pflege sollen die Risiken für Krankheiten, Komplikationen, Unfälle und deren gesundheitliche Folgen minimieren.
- Gesundheitsförderung in der Pflege: Stärkt die Selbstständigkeit pflegebedürftiger Menschen, steigert ihre Lebensqualität, reduziert Pflegebedarfe und entlastet pflegende Angehörige und Pflegefachkräfte.
- Formen der Prävention in der Pflege: Die Bereiche unterteilen sich in die Primärprävention, Sekundärprävention, Tertiärprävention und die Quartärprävention.
- Maßnahmen zur Prävention: Dazu gehören ausreichend Bewegung, geistige Aktivität, eine gesunde Ernährung, soziale Teilhabe sowie die Sturz- und Dekubitusprophylaxe.
Die Lebenserwartung in Deutschland steigt und immer mehr ältere Mitmenschen können dank des medizinischen Fortschritts bis ins hohe Alter ein aktives und selbstbestimmtes Leben führen. Dennoch lässt sich nicht verhindern, dass mit zunehmendem Lebensalter die körperlichen und geistigen Fähigkeiten eines Menschen abnehmen und das Risiko an einer chronischen Krankheit zu erkranken zunehmen.
Die Gründe hierfür sind nicht immer altersbedingt. Auch eine ungesunde Lebensweise kann den Ausbruch vieler Krankheiten begünstigen. Mithilfe von Gesundheitsförderung und Prävention lassen sich viele Volkskrankheiten vorbeugen oder sich der Krankheitsverlauf bei einer bestehenden Diagnose hinauszögern.
Präventive Pflege: Definition
Anders als bei der kurativen Pflege, welche die Behandlung und Heilung einer bestehenden Krankheit umfasst oder der akuten Pflege, die sich auf die Versorgung plötzlich eintretender Notfälle konzentriert, dient die präventive Pflege der Vorbeugung von gesundheitlichen Problemen bei Pflegebedürftigen und Pflegenden.
Deswegen ist die präventive Pflege ein wichtiger Bestandteil der umfassenden Pflege und trägt dazu bei, die Lebensqualität von Pflegebedürftigen und Pflegenden zu verbessern. (1)
Das Präventionsgesetz: Wichtige Grundlagen und Inhalte im Überblick
Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (PrävG) trat am 25. Juli 2015 in Kraft und ist im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert. Die Gesetzgebung verfolgt das Ziel, die Gesundheitskompetenz jedes einzelnen Menschen zu stärken und gesundheitliche Beschwerden und Krankheiten mithilfe von präventiven Maßnahmen vorzubeugen oder deren Verlauf abzuschwächen.
Die Aufgabe der Kranken- und Pflegekassen ist es hierbei nicht nur die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, sondern ebenfalls die gesundheitliche Eigenverantwortung und Eigenkompetenz jedes Einzelnen zu fördern. (2)
Warum ist präventive Pflege wichtig?
Präventive Pflege spielt eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft. Sie zielt nicht nur darauf ab, die Gesundheit jedes Einzelnen zu verbessern, sondern kann auf lange Sicht ebenfalls die finanzielle Belastung des Gesundheitssystems minimieren. Denn Früherkennung und die rechtzeitige Behandlung von Krankheiten können kostenintensive Krankenbehandlungen in fortgeschrittenen Stadien verhindern.
Überdies kann Krankheitsprävention wie das Führen einer gesunden Lebensweise dazu beitragen, dass viele chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herzkrankheiten und Krebs vermieden oder deren Verlauf positiv beeinflusst werden können. Dadurch kann eine nahende Pflegebedürftigkeit hinausgezögert oder sogar verhindert werden.
Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege
Die meisten chronischen Erkrankungen können durch eine gesunde Lebensweise vermieden oder in ihrem Verlauf positiv beeinflusst werden.
Hierzu gehören ein gesundes Maß an körperlicher Aktivität, eine ausgewogene Ernährung sowie die Vermeidung von Übergewicht. Das Ziel in der Prävention und Gesundheitsförderung ist es, einer Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken und die Selbstständigkeit pflegebedürftiger Menschen so gut es geht zu erhalten.
Der folgende Überblick spiegelt wichtige Maßnahmen zur präventiven Pflege wider:
- Körperliche Bewegung
- Geistige und soziale Aktivität
- Ausgewogene Ernährung
- Sturzprophylaxe
- Schmerzmanagement
- Thrombose- und Dekubitusprophylaxe

Im Pflegebereich sind Prävention und Gesundheitsförderung eng miteinander verbunden. Denn in beiden Bereichen geht es darum, Pflegebedürftige über eine gesunde Lebensweise zu informieren und die Betroffenen dementsprechend zu fördern, sodass das Erlangen von körperlichem, seelischem und geistigem Wohlbefinden für jeden Einzelnen möglich ist.
Die 4 Arten der präventiven Pflege
Präventive Maßnahmen in der Pflege unterteilen sich in verschiedene Bereiche. Hierzu gehören:
- Primärprävention
- Sekundärprävention
- Tertiärprävention
- Quartärprävention
Definition und Ziele der Primärprävention in der Pflege
Die primäre Prävention umfasst Maßnahmen, welche die Krankheitslast in der Bevölkerung reduzieren sollen. Das Hauptziel der Primärprävention ist es, Erkrankungen zu vermeiden, zu verzögern oder weniger wahrscheinlich zu machen. (1)
Präventive Pflege Beispiele:
- Impfungen: Impfungen stärken das Immunsystem, sodass der Ausbruch sowie die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Masern, Grippe oder Polio reduziert werden.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung unterstützt die optimale Versorgung der Organe, verhindert Übergewicht, verbessert die Gesundheit und wirkt vorbeugend gegen Bluthochdruck und Diabetes.
- Regelmäßige Bewegung: Um gesund zu bleiben, braucht der menschliche Körper regelmäßige Bewegung. Spaziergänge oder Seniorengymnastik unterstützen das Herz-Kreislauf-System. Zudem beeinflussen körperliche Aktivitäten die Psyche und steigern das Wohlbefinden.
- Ausreichend trinken: Ältere Menschen vergessen oftmals genügend zu trinken. Ein Flüssigkeitsmangel kann schnell zu gesundheitlichen Problemen wie Schwindel und Kreislaufproblemen führen. Daher ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig.
- Sturzprophylaxe: Auch die Sturzgefahr nimmt mit zunehmendem Alter zu. Faktoren, die hierfür verantwortlich sind, ist die schwindende Muskelkraft oder eine verminderte Sehtüchtigkeit. Maßnahmen, die dafür sorgen, dass Stürze verhindert werden, sind unter anderem die Erhaltung der Mobilität oder die Reduzierung von Stolperfallen im häuslichen Umfeld.
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- Förderung der kognitiven Fähigkeiten: Mithilfe von kreativen oder gesellschaftlichen Aktivitäten sowie durch soziale Interaktion wird das geistige Wohlbefinden pflegebedürftiger Menschen unterstützt und Depressionen entgegengewirkt.
- Aufklärung über Risikofaktoren: Bildungsprogramme und Informationskampagnen informieren darüber, welchen negativen Einfluss gesundheitsschädigende Verhaltensweisen wie übermäßiger Alkoholkonsum und der Genuss von Tabakwaren auf den menschlichen Körper haben.
- Frühzeitige Beratung durch Pflegestützpunkte: Durch das rechtzeitige Einholen von Informationen lassen sich präventive Maßnahmen besser planen und umsetzen.
- Schulung von pflegenden Angehörigen: Hier werden Pflegende darüber informiert, wie sie sich vor Überlastung im Pflegealltag schützen können. Zudem können die Betroffenen ihr Wissen rund um die häusliche Pflege erweitern und ihre Fähigkeiten stärken, sodass ihnen der Umgang mit den täglichen Herausforderungen besser gelingt.
Definition und Ziele der Sekundärprävention in der Pflege
Sekundäre Präventionsmaßnahmen werden im Frühstadium einer Krankheit ergriffen. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn die Primärprävention nicht erfolgreich war.
Die Sekundärprävention zielt darauf ab, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und durch entsprechende Behandlungsweisen ein unkontrolliertes Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder den Krankheitsverlauf hinauszuzögern. Typische Beispiele zur sekundären Prävention sind Vorsorgeuntersuchungen. Hierzu gehören: (1)
- Kontrolle des Blutdrucks: Durch regelmäßige Messungen können erhöhte Blutdruckwerte rechtzeitig erkannt und Folgeerkrankungen reduziert werden.
- Mammografie: Mithilfe von regelmäßigen Brustkrebs-Screenings kann Brustkrebs frühzeitig entdeckt werden.
- Hautkrebs-Screenings: Hautuntersuchung zur Früherkennung von Hautkrebs.
- Darmkrebs-Screenings: Stuhltests und Koloskopie dienen der Früherkennung von Darmkrebs.
- Blutzucker-Test: Durch einen speziellen Bluttest wird eine Diabetes-Erkrankung frühzeitig erkannt und kann rechtzeitig behandelt werden.
- Cholesterin-Tests: Mit diesen Tests wird der Cholesterinspiegel überwacht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgebeugt.

Definition und Ziele der Tertiärprävention in der Pflege
Die tertiäre Prävention umfasst Maßnahmen, die nach einer medizinischen Diagnose eingeleitet werden. Das Ziel der Tertiärprävention ist es, das Fortschreiten einer Erkrankung zu verlangsamen sowie Komplikationen zu verhindern und die Lebensqualität der pflegebedürftigen Person zu verbessern. Zu den relevanten Maßnahmen gehören: (1)
- Rehabilitationsmaßnahmen: Diese beinhalten Programme zur körperlichen und psychosozialen Rehabilitation von Patienten wie Physiotherapie, Logopädie oder Ergotherapie. Sie dienen der Wiederherstellung der körperlichen Funktionstüchtigkeit wie nach einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Unfall.
- Medikamentöse Therapien: Diese umfassen den kontrollierten Einsatz von Medikamenten. Die Therapien zielen unter anderem darauf ab, die Symptome von Krankheiten zu kontrollieren, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
- Management chronischer Krankheiten: Sogenannte Disease-Management-Programme (DMP) umfassen eine kontinuierliche Behandlung von Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Asthma oder Krebs, die eine fortlaufende medizinische Betreuung erfordern.
- Psychosoziale Unterstützung: Hierzu gehören Beratungen und die psychologische Betreuung von Patienten, die aufgrund einer chronischen Erkrankung oder nach einer schwerwiegenden gesundheitlichen Diagnose großem Stress ausgesetzt sind oder unter Angstzuständen und Depressionen leiden.
Definition und Ziele der Quartärprävention
Die quartäre Prävention zielt darauf ab, Übermedikationen und Übertherapien zu vermeiden. Dies bedeutet, dass medizinische Maßnahmen vor einer Behandlung kritisch hinterfragt werden sollten und alternative Behandlungsmethoden fokussiert werden. Das Ziel dieser Art von Prävention ist es, gesundheitliche Folgeschäden, die durch Polypharmazie oder Überdiagnostik entstehen können, für den Patienten auszuschließen. Typische Beispiele für Quartärprävention sind: (4)
- Vermeidung von Polypharmazie: Das Risiko von Wechselwirkungen und Nebenwirkungen wird durch die Reduzierung von gleichzeitig eingenommenen Medikamenten verringert.
- Vermeidung von unnötiger Diagnostik: Liegt keine zwingende Indikation vor, ist davon abzusehen unnötige Untersuchungen durchzuführen. Ein Beispiel hierfür wäre ein bildgebendes Verfahren bei leichten Rückenschmerzen.
- Vermeidung von Übertherapie: Behandlungen, die dem Patienten eher schaden als nützen, stellen in der quartären Prävention keine Option dar.

Präventionsmaßnahmen und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige
Aber nicht allein Pflegebedürftige profitieren von Prävention in der Pflege. Denn abhängig von der vorherrschenden Pflegesituation sind pflegende Angehörige in ihrem Pflegealltag nicht selten einer großen physischen und psychischen Belastung ausgesetzt, die sich auf Dauer negativ auf die Gesundheit der Pflegenden auswirken kann.
Um einer Be- und Überbelastung pflegender Angehöriger vorzubeugen, regelt das Präventionsgesetz den Anspruch auf Unterstützung durch die Kranken- und Pflegekassen sowie durch die Kommunen. Neben dem Prinzip der Eigenverantwortung, die eine gesunde Lebensweise und die Möglichkeit der gesundheitlichen Vorsorge umfasst, haben Pflegende das Recht darauf, diverse Entlastungsangebote und Leistungen der Pflegeversicherung zu beanspruchen. Hierzu gehören:
- Schulungen: Bei ihrer Pflegekasse oder privaten Pflegeversicherung können Betroffene unter anderem eine kostenlose „Schulungen für pflegende Angehörige“ beantragen.
- Aufklärung und Beratung: Pflegende Angehörige können kostenlose Beratungsangebote in einer der bundesweit verteilten Pflegeberatungsstellen nutzen.
- Professionelle Hilfe: Bei einem erhöhten Pflegebedarf ist es von Vorteil sich zur Entlastung externe Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst zu holen, der unter anderem über die Verhinderungspflege abgerechnet werden kann
- Unterstützungsleistungen der Pflegeversicherung: Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen haben Anspruch auf verschiedene Leistungen der Pflegekasse. Hierzu gehören:
o Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege
o Förderungen für wohnumfeldverbessernder Maßnahmen
- Hilfsmittel: Hilfsmittel erleichtern den Pflegealltag und werden von der Kranken- und Pflegekasse bezuschusst. Überdies sind sie ein wichtiger Bestandteil in der präventiven Pflege, da sie Erkrankungen vorbeugen, Komplikationen vermeiden und die Selbstständigkeit und Lebensqualität von pflegebedürftigen Personen und Menschen mit Behinderung steigern.
- Kur und Reha für pflegende Angehörige: Benötigen Pflegende eine Auszeit vom anstrengenden Pflegealltag, haben sie Anspruch auf eine stationäre Vorsorgemaßnahme (Kur) oder eine Rehabilitationsmaßnahme (Reha) durch die Krankenkassen oder Pflegeversicherung. Die Voraussetzung hierfür ist ein ärztliches Attest. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme muss eine Voraussetzung nach Paragraf 40 SGB V, Paragraf 23 SGB V oder Paragraf 15 SGB VI erfüllen.
Für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf können sich Pflegende von nahen Angehörigen im Rahmen der Pflegezeit oder Familienpflegezeit außerdem für einen festgelegten Zeitraum teilweise oder komplett von der Arbeit freistellen lassen. Ausführliche Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in unseren Artikel zur Familienpflegezeit. (3)
Fazit: Präventive Pflege als fester Bestandteil im Pflegealltag
Die präventive Pflege ist ein wichtiger Bestandteil in der häuslichen sowie in der teilstationären und stationären Versorgung. Sie trägt langfristig dazu bei, die Gesundheit und das Wohlbefinden pflegebedürftiger Menschen zu erhalten oder zu verbessern. Damit zielt sie nicht allein darauf ab, gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden, sondern fördert ebenfalls die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen.
Häufig gestellte Fragen
Präventive Pflege bedeutet das Umsetzen von gezielten Maßnahmen, um gesundheitliche Probleme bei Pflegebedürftigen und Pflegenden zu minimieren oder zu vermeiden. Das Ziel der Primärprävention ist es, die Gesundheit des Menschen zu erhalten, Erkrankungen vorzubeugen und Folgeschäden zu reduzieren.
Pflegebedürftige sind einem erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Dies bedeutet, dass bei dieser Personengruppe die Gefahr zu stürzen, an einem Druckgeschwür oder einer Infektionskrankheit zu erkranken, bei Weitem höher ist als bei einem gesunden Menschen. Durch die Integration von Präventionsmaßnahmen lassen sich diese Risiken reduzieren und die Gesundheit der Betroffenen stabilisieren.
Quellen
(1)Robert Koch Institut ( RKI) – Prävention: https://www.rki.de/DE/Themen/Gesundheit-und-Gesellschaft/Praevention/themenschwerpunkt-praevention.html#:~:text=Präventive%20Interventionsstrategien%20fokussieren%20zum%20einen,oder%20die%20Schaffung%20von%20Radwegen.
(2) Bundesministerium für Gesundheit – Präventionsgesetz: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/praeventionsgesetz.html
(3) Stiftung ZQP – Entlastung in der Pflege: https://www.zqp.de/thema/entlastung-pflegende/
(4) Stiftung Gesundheitswissen – Prävention: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/kompetenz-gesundheit/bevor-die-krankheit-gewinnt
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