Altenpflege

Nachbarschaftshilfe - Freiwillige Unterstützung im Alltag

Geschrieben von
Sabrina Berger
Zuletzt aktualisiert
27/5/2025

Definition

Wer darf helfen?

Beispiele aus dem Alltag

Anlaufstellen

Kosten & Aufwandsentschädigung

Bedingungen

Steuerfrei?

Wichtige Aspekte

Fazit

Kurz zusammengefasst

  • 131 Euro monatlich: Pflegebedürftige können über den Entlastungsbetrag Nachbarschaftshilfe finanzieren.
  • Nähe im Alltag: Unterstützung durch Nachbarn stärkt die Selbstständigkeit und soziale Kontakte.
  • Ehrenamt mit Anerkennung: Steuerfreie Aufwandsentschädigung ist z. B. über die Ehrenamtspauschale möglich.

Wenn Angehörige nicht immer unterstützen können und professionelle Dienste an ihre Grenzen stoßen, ist Nachbarschaftshilfe eine wertvolle Ergänzung. Denn sie ermöglicht eine regelmäßige und verlässliche Unterstützung im Pflegealltag.

Wir klären in diesem Ratgeber, wie freiwillige Hilfe im Alltag organisiert werden kann, welche Leistungen über die Pflegekasse gefördert werden und worauf Helfer wie Pflegebedürftige achten sollten.

Was ist Nachbarschaftshilfe eigentlich?

Im rechtlichen Sinne wird Nachbarschaftshilfe unter dem Begriff „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ (1) geführt.

Gemeint ist damit eine Unterstützung im Alltag, die durch freiwillige Helfer erbracht wird. Sie richtet sich vor allem an pflegebedürftige Personen, die Hilfe bei der Strukturierung des Alltags, bei kleinen Haushaltsaufgaben, Terminen oder sozialen Kontakten benötigen.

Dabei kann Nachbarschaftshilfe sowohl durch Einzelpersonen wie Nachbarn, Freunde oder entferntere Angehörige als auch durch Vereine oder Kirchengemeinden geleistet werden. Die Betreuung muss grundsätzlich ehrenamtlich erfolgen, wobei eine pauschale Aufwandsentschädigung möglich ist, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Regelungen in den Bundesländern

Die Anerkennung und konkrete Ausgestaltung von Nachbarschaftshilfe ist Ländersache. Jedes Bundesland legt eigene Voraussetzungen fest, wann und wie Nachbarschaftshilfe als niedrigschwelliges Angebot oder Unterstützungsleistung im Alltag anerkannt wird.

In vielen Bundesländern müssen Nachbarschaftshelfer an einer Schulung teilnehmen (z. B. Erste-Hilfe-Kurs oder Einführung in den Umgang mit Pflegebedürftigen), um als offizielle Hilfsperson anerkannt zu werden. Zudem müssen sie sich häufig bei einer zuständigen Stelle registrieren lassen – etwa beim Landratsamt, der Pflegekasse oder einer regionalen Koordinierungsstelle.

Wer darf Nachbarschaftshilfe erbringen?

Grundsätzlich darf jede Person, die nicht eng verwandt ist (also Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel und Geschwister), als Nachbarschaftshelfer tätig werden. Sie muss eine Qualifikation vorweisen, etwa in Form eines Kurzseminars über den Umgang mit Menschen mit Unterstützungsbedarf bzw. mit Demenz.

Nachbarschaftshilfe durch Einzelpersonen

Nachbarn, Freunde oder entferntere Verwandte können Nachbarschaftshilfe leisten und dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten. Voraussetzung ist, dass sie von der zuständigen Landesbehörde als Nachbarschaftshelfer anerkannt sind.

Vereine für Nachbarschaftshilfe

Neben Einzelpersonen gibt es zahlreiche Vereine für Nachbarschaftshilfe, die als Vermittlungsstellen fungieren und ehrenamtliche Helfer mit hilfebedürftigen Senioren zusammenbringen.

Sie bieten Schulungen für Helfer an, kümmern sich um die Organisation der Einsätze und gewährleisten, dass die Nachbarschaftshilfe den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Beispiele sind Nachbarschaftsvereine, Seniorenbüros oder Mehrgenerationenhäuser.

Anerkennung und Aufwandsentschädigung

Wird eine Einzelperson offiziell anerkannt, kann sie über die jeweilige Pflegekasse der pflegebedürftigen Person eine Aufwandsentschädigung erhalten. Die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person übernimmt dann bis zu 131 Euro monatlich, um die Hilfe zu finanzieren.

Einschränkungen und Höchstgrenzen

Ein Nachbarschaftshelfer darf maximal zwei pflegebedürftige Personen gleichzeitig unterstützen. Zudem gilt: Die Person darf nicht Pflegeperson der pflegebedürftigen Person sein.

Im Unterschied zu professionellen Angeboten wird diese Art der Versorgung grundsätzlich ehrenamtlich erbracht. Eine Person, die die oben genannten Unterstützungsleistungen erbringt, darf zudem nur bestimmte Aufgaben übernehmen.

Die Grundpflege oder das Wechseln von Wundverbänden beispielsweise ist davon ausgeschlossen. Denn medizinische Pflege muss von Fachkräften ausgeführt werden.

Nachbarschaftshilfe: Beispiele aus dem Alltag

Wer Nachbarschaftshilfe leisten möchte, sollte die Regeln des jeweiligen Bundeslandes kennen. Nachfolgend haben wir für Sie einige beispielhafte Unterstützungsleistungen aufgeführt. Diese umfassen Betreuungsangebote, Entlastung und Unterstützung von Angehörigen sowie die Entlastung von Pflegebedürftigen:

  • Begleitung zu Arztbesuchen, Ausflüge, gemeinsames Einkaufen
  • Gemeinsame Spaziergänge, Gymnastik, Kochen oder Musizieren
  • Unterstützung bei kleineren Reparaturen oder im Haushalt

Wichtig: Es handelt sich nicht um eine gewerbliche Haushaltshilfe, sondern um eine ehrenamtliche Unterstützung, wie sie im Sinne der Pflegeversicherung förderfähig ist.

  • Stundenweise Seniorenbetreuung

Wo finde ich Nachbarschaftshilfe?

Wer Nachbarschaftshilfe leisten möchte oder Unterstützung für eine pflegebedürftige Person sucht, findet Anlaufstellen sowohl lokal als auch online:

  • Lokale und regionale Angebote:
  • In vielen Städten und Gemeinden engagieren sich Vereine für Nachbarschaftshilfe, Bürgerinitiativen oder Kirchengemeinden, um freiwillige Unterstützung im Alltag zu organisieren. Diese bieten Schulungen an und vermitteln Kontakte zwischen Helfenden und Hilfesuchenden.
  • Online-Plattformen und Nachbarschaftsnetzwerke:
  • Plattformen wie nebenan.de oder lokale Pflegeportale vermitteln Menschen, die Unterstützungsbedarf haben, mit Freiwilligen aus der Umgebung.
  • Pflegestützpunkte und Kassenportale: Ein wichtiger Ansprechpartner vor Ort sind die regionalen Pflegestützpunkte, die neutrale und individuelle Beratung zu Pflegeleistungen, Entlastungsmöglichkeiten und lokalen Angeboten leisten. Zudem bieten einige Krankenkasse digitale Portale für die Angebotssuche an:

Kosten und Aufwandsentschädigungen

Die Nachbarschaftshilfe ist im Kern eine ehrenamtliche Unterstützung, die im Unterschied zu professionellen Diensten grundsätzlich unentgeltlich erfolgen sollte.

Dennoch besteht die Möglichkeit, über die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person eine pauschale Aufwandsentschädigung zu erhalten – insbesondere über den Entlastungsbetrag, die Verhinderungspflege und den Umwandlungsanspruch.

Der Entlastungsbetrag

Pflegebedürftigen mit einem anerkannten Pflegegrad steht laut Sozialgesetzbuch ein monatlicher Entlastungsbetrag von 131 Euro zur Verfügung (2). Dieser kann unter anderem für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag genutzt werden – dazu zählt auch die Nachbarschaftshilfe.

Die Pflegekasse erstattet in diesem Fall die Auslagen bzw. zahlt eine pauschale Aufwandsentschädigung aus dem Entlastungsbetrag. Welche Angebote förderfähig sind, hängt von den landesspezifischen Regelungen ab.

Verhinderungspflege

Wenn die reguläre Pflegeperson – etwa ein Familienmitglied – vorübergehend ausfällt (z. B. wegen Krankheit oder Urlaub), kann Verhinderungspflege (3) in Anspruch genommen werden. Auch hier können Nachbarschaftshelfer aktiv werden – etwa für einige Stunden am Tag oder auch tageweise. Wichtig:

  • Es gelten besondere Vergütungsgrenzen für nicht professionelle Pflegepersonen (bis zu 1.685 Euro jährlich; in Kombination mit Kurzzeitpflege bis zu 2.528 Euro).
  • Die Pflegekasse muss im Vorfeld zustimmen.

Umwandlungsanspruch

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis Pflegegrad 5, die ihre Pflegesachleistungen (z. B. durch ambulante Dienste) nicht vollständig ausschöpfen, können bis zu 40 Prozent dieses Budgets in Angebote zur Unterstützung im Alltag umwandeln lassen. Dazu zählt auch anerkannte Nachbarschaftshilfe.

Beispiel: Wird nur ein Teil des ambulanten Pflegedienstes in Anspruch genommen, kann der Restbetrag für Hilfe durch Nachbarschaftshelfer:innen genutzt werden – z. B. für Einkaufen, Kochen, Begleitung zu Arztbesuchen oder zur Strukturierung des Alltags.

Auch hier gilt: Die Hilfe muss anerkannt, nicht professionell und entsprechend qualifiziert sein. Die jeweilige Pflegekasse oder ein Pflegestützpunkt informiert über die Rahmenbedingungen der jeweiligen Bundesländer.

Wer darf eine Aufwandsentschädigung erhalten?

Damit eine Person Nachbarschaftshilfe leisten und dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten darf, muss sie in der Regel folgende Bedingungen erfüllen:

  • Sie muss eine Qualifikation vorweisen.
  • Sie darf maximal zwei pflegebedürftige Personen unterstützen.
  • Sie darf nicht zeitgleich Pflegeperson der pflegebedürftigen Person sein.
  • Die Hilfe muss im Sinne der Pflegeversicherung als freiwillige Unterstützung im Alltag gelten.

Pflegekassen informieren sie, welche Unterlagen für den Nachweis notwendig sind und wie die Auslagen zu erstatten sind.

Was gilt für Vereine und Organisationen?

Wird die Nachbarschaftshilfe durch einen gemeinnützigen Verein, eine Kirchengemeinde oder eine andere anerkannte Institution organisiert, gelten oft eigene Regelungen für die Aufwandsentschädigung.

Die Pflegekasse zahlt in diesem Fall direkt an den Träger, der wiederum eine Vergütung an die Helfenden weiterleitet – wobei eine pauschale Aufwandsentschädigung gelten kann, abhängig vom Aufwand und Umfang der Unterstützungsleistungen.

Tipp: Abrechnung prüfen

Wer selbst Hilfe erhält oder Hilfe leistet, sollte frühzeitig mit der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person sprechen, ob die Leistungen förderfähig sind.

Nachbarschaftshilfe: Steuerfrei?

Erhält eine Nachbarschaftshelfer:in eine Aufwandsentschädigung, kann diese unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein – etwa im Rahmen der Ehrenamtspauschale oder der Übungsleiterpauschale (5):

  • Ehrenamtspauschale: Bis zu 840 Euro jährlich sind steuerfrei, wenn die Tätigkeit ehrenamtlich, nebenberuflich und für einen gemeinnützigen Träger erfolgt.
  • Alternativ kann die Übungsleiterpauschale greifen: bis zu 3.000 Euro jährlich sind steuerfrei. Dies gilt, wenn die Tätigkeit pädagogische oder pflegerische Elemente enthält, z. B. im bei regelmäßigem Kochen, Gymnastik, Spazierengehen oder Musizieren.
Wichtig: Die beiden Pauschalen dürfen nicht gleichzeitig für dieselbe Tätigkeit in Anspruch genommen werden. Welche Regelung im konkreten Fall angewendet werden kann, hängt vom Inhalt der Tätigkeit, dem Arbeitgeber (z. B. Verein oder Privatperson) und der Form der Beauftragung ab.

Zudem gilt:

  • Werden mehr als 3.000 Euro bzw. 840 Euro jährlich gezahlt, ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig.
  • Erfolgt die Tätigkeit nicht über eine Organisation, sondern privat, gelten Einkünfte unter Umständen als sonstige Einnahmen, die ggf. versteuert werden müssen.
  • Pflegebedürftige oder Angehörige, die eine Nachbarschaftshilfe privat bezahlen, können diese Ausgaben als haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich geltend machen.

Bei Unsicherheiten ist eine Rücksprache mit dem Finanzamt oder einem Steuerberater ratsam.

Was sollte man beachten?

Damit Nachbarschaftshilfe für alle Beteiligten reibungslos gelingt, sollten einige wichtige Aspekte beachtet werden:

Klare Absprachen treffen

Egal ob Nachbarn, Bekannte oder Helfer aus dem erweiterten Umfeld – es ist wichtig, konkrete Vereinbarungen zu treffen:

  • Welche Aufgaben werden übernommen? (z. B. Einkaufen, Arztbesuche, Spaziergänge, Begleitung zu Terminen)
  • An welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten findet die Unterstützung statt?
  • Wie zuverlässig ist die Hilfe? Was passiert bei Krankheit oder Verhinderung?
Tipp: Schriftliche Absprachen oder ein einfaches Protokoll können helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

Vertrauen und Sicherheit

Wer Hilfe annimmt oder anbietet, sollte sich zunächst persönlich kennenlernen. Ein erstes Treffen – idealerweise im Beisein von Angehörigen oder einer Vertrauensperson – schafft Transparenz und Sicherheit, vor allem für ältere Menschen mit Unterstützungsbedarf.

Versicherung und rechtliche Absicherung

Wer regelmäßig hilft, sollte klären, wie er oder sie versichert ist – insbesondere bei Unfällen oder Schäden im Rahmen der Tätigkeit:

  • Absicherung über einen gemeinnützigen Träger oder Verein, der Helfern in die gesetzliche Unfallversicherung einbezieht.
  • Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung, wenn keine andere Absicherung besteht.

Fazit: Gemeinsam statt einsam!

Eine gute Nachbarschaftshilfe lebt von Vertrauen, Verbindlichkeit und gegenseitigem Respekt. Klare Absprachen, ein sicheres Umfeld und die Einbindung von Pflegekassen, Pflegestützpunkten oder Vereinen helfen dabei, dieses Engagement wirkungsvoll und rechtssicher zu gestalten – im Sinne der pflegebedürftigen Menschen, ihrer Familien und der freiwilligen Helfer.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf Nachbarschaftshilfe leisten?

Grundsätzlich jeder, der nicht eng mit der pflegebedürftigen Person verwandt sind (z. B. nicht Eltern, Kinder, Enkel) und nicht gleichzeitig die offizielle Pflegeperson ist. In manchen Bundesländern ist ein kurzer Qualifizierungskurs Pflicht.

Muss Nachbarschaftshilfe immer kostenlos sein?

Nein. Über den Entlastungsbetrag, die Verhinderungspflege oder den Umwandlungsanspruch kann eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden.

Wo finde ich passende Hilfe – oder kann mich selbst engagieren?

Über Pflegestützpunkte, den "AOK-Pflegenavigator", den "vdek-Pflegelotsen" oder den "BKK PflegeFinder" lassen sich geeignete Angebote oder Schulungen finden.

Quellen

(1) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 45a Angebote zur Unterstützung im Alltag, Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__45a.html

(2) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 45b Entlastungsbetrag: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__45b.html

(3) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 39 Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__39.html

(4) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 36 Pflegesachleistung: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__36.html

(5) Bundesministerium der Justiz - Einkommenssteuergesetz (EStG) § 3 Steuerfrei: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__3.html