Pflegekasse

Pflegegrad 4: Leistungen, Voraussetzungen und Beantragung

Geschrieben von
Nicklas Klemm
Zuletzt aktualisiert
13/5/2025

Definition

Voraussetzungen

Geld & Leistungen

Beantragung

Fallbeispiel

Fazit

Kurz zusammengefasst

  • Hoher Pflegebedarf: Pflegegrad 4 wird bei schwerster Beeinträchtigung der Selbständigkeit vergeben – oft bei Demenz, Immobilität oder neurologischen Erkrankungen.
  • Leistungen über 2.000 €/mtl.: Sie haben Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Tagespflege, Pflegehilfsmittel und mehr.
  • Neubewertung möglich: Bei Verschlechterung kann jederzeit eine Höherstufung beantragt werden.

Pflegegrad 4 betrifft Menschen, die unter einer schweren Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit leiden und deshalb dauerhaft auf umfangreiche Unterstützung im Alltag angewiesen sind.
Dieser Ratgeber verschafft Ihnen einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte des Pflegegrads 4.

Wir klären alle Fragen rund um die Einstufungskriterien, wie viel Geld Ihnen zusteht und skizzieren zudem einen Fallbeispiel.

Definition: Was bedeutet Pflegegrad 4

Pflegegrad 4 ist die zweithöchste Einstufung der Pflegebedürftigkeit. Er wird vergeben, wenn eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegt. Seit dem 1. Januar 2017 basiert die Einstufung nicht mehr nur auf dem benötigten Zeitaufwand, sondern wird anhand der Selbstständigkeit (1) bemessen.

Pflegebedürftige mit diesem Pflegegrad benötigen dauerhaft eine umfassende Unterstützung durch Angehörige oder Pflegekräfte, insbesondere bei der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Haushaltsführung.

Vergeben wird dieser Pflegegrad anhand einer Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) oder Medicproof. Anhand von sechs Bewertungsmodulen wird mithilfe eines Punktesystems der Pflegegrad ermittelt.

Vergibt ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) oder anderer Prüfstellen eine Punktzahl von 70 bis unter 90 Punkten im Pflegegutachten, wird die pflegebedürftige Person in Pflegegrad 4 eingestuft.

Was bedeutet das konkret?

Die Einschränkungen sind in der Regel dauerhaft, sodass viele Betroffene unter die sogenannte Langzeitpflege fallen.

Deshalb kommt bei Pflegegrad 4 häufig eine 24-Stunden-Pflege zum Einsatz, etwa durch Angehörige, Pflegekräfte oder ambulante Dienste. In bestimmten Fällen kann es sich auch um eine ambulante Intensivpflege handeln, wenn medizinische Maßnahmen regelmäßig notwendig sind.

Typische Beispiele für Menschen mit Pflegegrad 4 sind unter anderem Personen mit fortgeschrittener Demenz, Patienten nach einem schweren Schlaganfall oder Menschen mit fortgeschrittener Parkinson-Krankheit oder anderen schweren chronischen oder neurologischen Erkrankungen.

Unterschiede zwischen Pflegegrad 3 und 5

Pflegegrade unterscheiden sich hinsichtlich des Unterstützungsbedarfs, den eine Person benötigt. Die Einstufung erfolgt basierend auf der individuellen Einschränkung der Selbständigkeit im Alltag.

Grundsätzlich gilt: Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind die Leistungen, die zur Verfügung stehen. Diese umfassen unter anderem ambulante und stationäre Pflege, Pflegehilfsmittel sowie Betreuungs- und Entlastungsangebote.

  • Pflegegrad 3 steht für erhebliche Einschränkungen, aber die Selbstständigkeit ist in Teilen noch vorhanden. Unterstützung ist notwendig, aber nicht durchgängig rund um die Uhr.
  • Pflegegrad 5 hingegen kennzeichnet extreme Pflegebedürftigkeit mit zusätzlichem medizinischem Betreuungsaufwand – oft ist eine 24-Stunden-Versorgung oder Intensivpflege erforderlich.

Voraussetzungen für den Pflegegrad 4

Um Pflegegrad 4 zu erhalten, muss eine schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit und der Fähigkeiten für mindestens sechs Monate vorliegen. Festgestellt wird dies anhand der Pflegebegutachtung, die für gesetzlich Versicherte vom Medizinischen Dienst (MD) und für Privatversicherte von Medicproof durchgeführt wird.

Die Beurteilung der Alltagskompetenz erfolgt mithilfe des „Neuen Begutachtungsassessments“ (NBA). Dabei werden sechs verschiedene Lebensbereiche – sogenannte Module – betrachtet. Diese umfassen sowohl körperliche als auch geistige und psychische Einschränkungen.

Die Bewertung erfolgt anhand eines Punktesystems, wobei die Module unterschiedlich stark gewichtet werden.

Warum ist die Zeitbemessung weiterhin wichtig?

Seit der Pflegereform 2017 (PSG II) wird der Pflegegrad nicht mehr anhand des täglichen Pflegeaufwands, sondern basierend auf der Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person bestimmt.

Zu wissen wie viel Stunden Sie für die tägliche Pflege aufwenden, hilft den individuellen Pflegebedarf objektiv ermitteln zu können. Grundsätzlich ist der Pflegebedarf bei Pflegegrad 4 sehr hoch, mit etwa 180 bis 300 Minuten Grundpflege und bis zu 12 Stunden Präsenzbedarf am Tag.

Zeitaufwand - Tabelle bei Pflegegrad 4

Pflegetagebuch als Vorbereitung auf das Pflegegutachten

Eine gute Vorbereitung auf den Gutachterbesuch ist entscheidend. Wir stellen Ihnen deshalb eine kostenlose Pflegetagebuch-Vorlage zur Verfügung, die alle sechs Module des Begutachtungsverfahrens (NBA) abdeckt. Mit dieser können Sie den täglichen Zeitaufwand Ihres Pflegebedarfs dokumentieren und sich mit den Fragen der Pflegebegutachtung vertraut machen. Zudem enthält sie eine Checkliste für wichtige Dokumente und eine Übersicht aller möglichen Leistungen.

Kostenloses Pflegetagebuch zum Download
User kostenloses Pflegetagebuch können Sie hier herunterladen!

Geld & Leistungen bei Pflegegrad 4

Ab Pflegegrad 2 erhalten Sie den vollen Leistungsumfang der Pflegekasse (2). Aufgrund des erhöhten Pflegebedarfs bei Pflegegrad 4 werden vergleichsweise höhere Beträge für Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Tages- und Nachtpflege, sowie die vollstationäre Pflege gezahlt.

Tabelle: Wie viel Geld gibt es bei Pflegegrad 4?

Pflegesachleistungen und Pflegegeld bei Pflegegrad 4

Pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 4, die zu Hause von Angehörigen oder Freunden versorgt werden, haben Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von 800 Euro. Die Auszahlung erfolgt monatlich durch die Pflegeversicherung und dient dazu, die häusliche Pflege finanziell zu unterstützen.

Die Verwendung des Geldes steht den Pflegebedürftigen frei und eine Rechtfertigung durch Belege ist nicht notwendig. Pflegebedürftige müssen jedoch verpflichtend halbjährlich an einem Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI (3) teilnehmen, andernfalls kann das Pflegegeld gekürzt oder gar komplett gestrichen werden. Der Beratungstermin ist für sie kostenfrei und soll Angehörige mit praktischen Tipps und Informationen zur häuslichen Pflege unterstützen.

Wird die Pflege durch professionelle Fachkräfte, also einem ambulanten Pflegedienst durchgeführt, erhalten Sie monatlich Pflegesachleistungen in Höhe von 1.859 Euro. Anders als beim Pflegegeld wird der Betrag nicht direkt ausgezahlt. Die Pflegekasse verrechnet die Kosten mit dem Pflegedienst, etwaige Mehrkosten müssen selbst getragen werden.

Kombinationsleistung bei Pflegegrad 4

Verbrauchen Sie nicht das Budget für Pflegesachleistungen, können Sie den Restbetrag anteilig mit dem Pflegegeld verrechnen. Somit ist es möglich die Pflege seitens eines ambulanten Pflegedienstes und einer Pflegeperson mit einander zu kombinieren. Nutzen Sie zum Beispiel nur 70 Prozent Ihrer Pflegesachleistung, verbleiben Ihnen noch 30 Prozent Ihres Pflegegeldes. Sie können diese Kombinationspflege (4) flexibel an die eigenen Bedürfnisse anpassen.

Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 4

Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 erhalten einen für alle Pflegegrade gleich hohen Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro pro Monat. Dieser Betrag ist zweckgebunden und dient dazu pflegende Angehörige zu unterstützen bzw. die Eigenständigkeit des Pflegebedürftigen weiter zu fördern.

Wofür kann der Entlastungsbetrag genutzt werden?

Das Geld wird nicht ausgezahlt, sondern darf nur für bestimmte Leistungen verwendet werden. Das sind zum Beispiel:

  • Haushaltsnahe Dienstleistungen (z. B. Reinigung, Einkaufen, Wäsche)
  • Betreuungsangebote (z. B. Begleitung bei Spaziergängen, Vorlesen)
  • Angebote zur Unterstützung im Alltag (z. B. ehrenamtliche Helfer, Alltagsbegleiter)
  • Teilstationäre Pflege (z. B. Tages- oder Nachtpflege)
  • Kurzzeitpflege (als Zuschuss)

Nicht genutzte Beträge können Sie bis zum 30. Juni des Folgejahres übertragen. Die Abrechnung erfolgt dabei direkt über die Pflegekasse.

Zudem gilt: Pflegebedürftige müssen die Leistungen bei zugelassenen Anbietern in Anspruch nehmen.

Haushaltshilfe bei Pflegegrad 4

Ab Pflegegrad 2 haben Pflegebedürftige das Anrecht auf eine Haushaltshilfe, die Sie bei der Reinigung oder Einkäufen unterstützt. Zur Finanzierung können Sie den Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro nutzen.

Wie viele Stunden Haushaltshilfe Sie dafür in Anspruch nehmen können, ist abhängig vom Stundensatz des Dienstleisters.

Die Abrechnung erfolgt entweder direkt über den Pflegedienst. Hierfür ist eine Abtretungserklärung erforderlich. Alternativ können Sie die Rechnung selbst bei der Pflegekasse einreichen, um sich den Betrag erstatten zu lassen.

Wichtig: Klären Sie im Vorfeld, ob der Dienstleister von Ihrer Pflegeversicherung anerkannt wird.

Verhinderungspflege bei Pflegegrad 4

Wenn Ihre private Pflegeperson sei es wegen Krankheit, Urlaub oder persönlicher Termin stunden- oder tageweise ausfällt, können Sie die Verhinderungspflege beantragen.

Insgesamt steht Ihnen ein Budget in Höhe von 1.685 Euro für bis zu 42 Tage oder 6 Wochen pro Kalenderjahr zur Verfügung. Dank des eingeführten Entlastungsbudgets kann der Betrag durch nicht genutzte Mittel der Kurzzeitpflege um 843 Euro auf 2.528 Euro aufgestockt werden

Die Ersatzpflege kann von einem ambulanten Pflegedienst, Angehörigen oder Nachbarn durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass die Pflege im häuslichen Umfeld stattfindet.

Gut zu Wissen!: Ab 1. Juli 2025 entfällt die sogenannte Vorpflegezeit von sechs Monaten und darüber hinaus wird der Zeitraum auf 8 Wochen bzw. 56 Kalendertage erhöht.

Kurzzeitpflege mit Pflegegrad 4

Benötigen Sie vorübergehend stationäre Pflege, weil sich zum Beispiel Ihr Gesundheitszustand verschlechtert hat, können Sie Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Für die Kurzzeitpflege stehen Ihnen 1.854 Euro pro Jahr zur Verfügung, begrenzt auf maximal acht Wochen (56 Tage) pro Kalenderjahr.

Dieser Betrag kann jedoch durch nicht genutzte Mittel der Verhinderungspflege um bis zu 100 Prozent auf 3.539 Euro aufgestockt werden.

Übergangspflege im Krankenhaus

Die Übergangspflege im Krankenhaus ist eine besondere Form der kurzzeitigen Weiterversorgung von Patientinnen und Patienten, wenn nach einem Krankenhausaufenthalt vorübergehend keine häusliche oder stationäre Pflege sichergestellt werden kann. Sie ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse (5) und wird für maximal zehn Tage gewährt.

Ziel ist es, eine sichere Überleitung in die weitere Versorgung – etwa durch einen Pflegedienst, die Familie oder ein Pflegeheim – zu ermöglichen. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse.

Tages- und Nachtpflege bei Pflegegrad 4

Wenn eine Betreuung zu Hause nicht durchgängig möglich ist oder Angehörige entlastet werden sollen, können Sie die Tages- und Nachtpflege in Anspruch nehmen.

Dabei werden Pflegebedürftige tagsüber oder nachts in einer spezialisierten Pflegeeinrichtung versorgt, während sie weiterhin zu Hause leben. Die Pflegeversicherung  übernimmt hierfür bis zu 1.685 Euro pro Monat. Dieser Betrag ist zusätzlich zu Pflegegeld oder Pflegesachleistungen verfügbar und muss nicht mit anderen Leistungen verrechnet werden.

Pflegehilfsmittel und Hausnotruf bei Pflegegrad 4

Ab Pflegegrad 1 haben Sie Anspruch auf Technische Hilfsmittel (z. B. Pflegebetten) und Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (z. B. Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel). Dafür zahlt die Pflegekasse eine monatliche Pauschale von 42 Euro.

Die Abrechnung kann direkt über den Anbieter oder durch Einreichen der Rechnungen erfolgen. Für die Nutzung von digitalen Anwendungen (DiPA) zur Unterstützung der Pflege, z.B. zur Dokumentation oder Erinnerung an Pflegeaufgaben, können bis zu 53 Euro monatlich erstattet werden.

{{rte-cta-anspruch-pg_hausnotruf="/design/rte-components"}}

Ab Pflegegrad 1 gibt es für den Hausnotruf eine Unterstützung von bis zu 25,50 Euro monatlich, sofern die Pflegekasse die Notwendigkeit bestätigt. Voraussetzung dafür ist, dass die pflegebedürftige Person einen Notrufknopf eigenständig bedienen kann und häufig allein ist oder mit jemandem zusammenlebt, der im Notfall selbst keine Hilfe rufen kann.

Bei fortgeschrittener Demenz kann eine Kostenübernahme unter Umständen abgelehnt werden.

Zuschuss für Wohnraumanpassung bei Pflegegrad 4

Jeder Pflegebedürftige mit anerkanntem Pflegegrad kann einen Zuschuss für Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen beantragen. Ziel dieser Förderung ist es, das Leben in der eigenen Wohnung zu erleichtern. Der Einbau eines Treppenlifts, ein Badezimmerumbau oder die Beseitigung von Stolperfallen zählen zu diesen förderfähigen Maßnahmen.

Es werden maximal 4.180 Euro pro Maßnahme gezahlt, allerdings kann ein neuer Antrag gestellt werden, sollten erneute Anpassungen erforderlich sein. Der Antrag muss vor Beginn der Maßnahme bei Ihrer Pflegekasse eingereicht werden. Leben mehrere Pflegebedürftige in einem Haushalt addiert sich der Betrag auf eine maximale Fördersumme in Höhe von 1.6720 Euro.

{{rte-cta-anspruch-pg_badumbau="/design/rte-components"}}

Stationäre Pflege mit Pflegegrad 4

Die Pflegeversicherung beteiligt sich zu einem Teil an den Kosten, die im Bedarfsfall für eine vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim anfallen. Der Zuschuss hierfür beträgt 1.855 Euro monatlich.

Da die tatsächlichen Kosten für ein Pflegeheim meist höher sind, müssen Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen die restlichen Kosten selbst tragen. Um die Kosten für den Eigenanteil zu verringern, zahlt die Pflegeversicherung einen gestaffelten Leistungszuschlag, der umso höher ausfällt, je länger die pflegebedürftige Person in der Pflegeeinrichtung lebt.  

Wohngruppenzuschlag

Die Pflegekasse zahlt monatlich einen Betrag von 224 Euro für Menschen, die in einer Wohngemeinschaft leben. Diese Leistung wird ab Pflegegrad 1 gezahlt, um die Kosten für die Gestaltung der gemeinschaftlichen Räume und die Organisation der Pflege decken zu können.

Leistungen für pflegende Angehörige

  • Pflegeberatung: Die Beratung ist für Sie kostenlos und umfasst Infos zu Pflegeleistungen, die Auswahl geeigneter Hilfsmittel, sowie Tipps zur Entlastung der pflegenden Angehörigen.
  • Beratungseinsatz: Auch dieser ist kostenlos. Unabhängige Pflegedienste geben Tipps für die Pflege von Angehörigen und zur Bewältigung des Alltags. Zudem erhalten Sie Infos und Hilfe bei der Antragstellung sowie bei der Auswahl der richtigen Pflegehilfsmittel.
  • Pflegekurse: Diese richten sich an pflegende Angehörige, um Ihnen praktische Tipps für den Pflegealltag, zur Körperpflege, zur Mobilisation und zur Vermeidung von Pflegefehlern zu vermitteln. Kurse finden finden entweder vor Ort statt oder online, wie sie zum Beispiel pflegeabc.de anbietet.
  • Pflegeunterstützungsgeld: In akuten Pflegenotfällen haben pflegende Angehörige, die berufstätig sind, ein Anrecht sich für bis zu 10 Werktage freistellen zu lassen und erhalten in diesem Zeitraum das Unterstützungsgeld in Höhe des Bruttolohns. Die Freistellung kann einmal pro Jahr beantragt werden.
  • Sozialversicherungsbeiträge: Pflegende Angehörige, die eine nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege übernehmen, können unter bestimmten Voraussetzungen Sozialversicherungsbeiträge von der Pflegekasse erhalten. Dies betrifft Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson die Pflege unentgeltlich für mindestens 10 Stunden pro Woche (verteilt auf mind. 2 Tage) übernimmt und zudem nicht mehr als 30 Stunden pro Woche berufstätig ist. Der Anspruch besteht ab Pflegegrad 2.

Wie kann man Pflegegrad 4 beantragen?

  • Beantragung: Um einen Pflegegrad offiziell zu erhalten, müssen Sie einen Antrag bei Ihrer Pflegekasse stellen. Voraussetzung ist, dass Sie in den vergangenen 10 Jahren wenigstens 2 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Ob in eine gesetzliche oder private Pflegeversicherung, ist dabei unerheblich. Der Antrag kann formlos per Telefon, E-Mail oder Brief gestellt werden. Einige Kassen bieten auch Antragsformulare auf ihren Webseiten an.
  • Antragsformular: Nach der Antragstellung erhalten Sie ein Antragsformular, in dem Fragen zur Pflegebedürftigkeit gestellt werden. Wenn Sie Hilfe beim Ausfüllen des Formulars benötigen, können Sie Unterstützung anfordern. Die Pflegekasse ist verpflichtet, Ihnen innerhalb von zwei Wochen einen Ansprechpartner zuzuweisen. Zusätzlich können Sie sich an Pflegedienste, Pflegestützpunkte oder Pflegeberater wenden, um Informationen und Unterstützung zu erhalten.
  • Terminvereinbarung und Gutachten: Nach Antragseingang wird von der Pflegekasse ein Pflegbegutachtung in Auftrag gegeben. Bei gesetzlich Versicherten erfolgt die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD), bei privat Versicherten übernimmt dies die private Pflege-Pflichtversicherung Medicproof.
  • Hausbesuch des Gutachters: Der Gutachter kommt in der Regel zu Ihnen nach Hause, um Ihre individuelle Pflegebedürftigkeit vor Ort zu beurteilen. Das Gespräch dauert normalerweise zwischen 60 und 90 Minuten und sollte von einer Vertrauensperson begleitet werden.
  • Erstellung des Pflegegutachtens: Der Gutachter wird nachfolgend auf der Grundlage des Interviews, der gesammelten Dokumente, Nachweise und Eindrücke einen Pflegegrad ermitteln. Das Ergebnis erhält zunächst nur die Pflegekasse.
  • Pflegegrad-Bescheid: Die Pflegekasse entscheidet dann anhand der Empfehlung des Gutachters über den Pflegegrad. Die Entscheidung wird Ihnen in einem schriftlichen Bescheid mitgeteilt.

Möglichkeit zum Widerspruch

Bei Ablehnung oder wenn einzelne Leistungen nicht bewilligt wurden, haben Sie das Recht binnen einen Monats nach Zustellung des Bescheids bei der Pflegekasse einen Widerspruch einzureichen. Den Widerspruch können Sie schriftlich per Post (am besten per Einschreiben mit Rückschein) oder Telefax einreichen. Es ist jedoch nicht rechtsgültig diesen per E-Mail mittzuteilen.

Im Widerspruchsverfahren überprüft die Pflegekasse erneut ihre Entscheidung und lässt ein Zweitgutachten erstellen. Dieses Gutachten erfolgt entweder nach Aktenlage oder mit einem weiteren Besuch zu Hause. Halten Sie auch bei diesem Folgetermin alle medizinischen Unterlagen sowie persönlichen Dokumentationen bereit.

Nimmt die Pflegekasse nach erneuter Prüfung Ihren Einwand an, erlässt sie einen positiven Bescheid, die sogenannte Abhilfe. Im Fall der erneuten Ablehnung, erlässt sie den Widerspruchsbescheid.

Wie beantrage ich eine Höherstufung in Pflegegrad 5?

Um einen höheren Pflegegrad zu erhalten, muss der Pflegebedarf der betroffenen Person zugenommen haben. Bei Pflegegrad 5 muss eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung vorliegen.

Ist dies der Fall, können Sie bei Ihrer Pflegeversicherung einen Höherstufungsantrag stellen. Nach Eingang des Antrags beauftragt die Pflegeversicherung den Medizinischen Dienst/Medicproof mit einer erneuten Pflegebegutachtung. Sollte der Begutachtungsbericht eine Punktzahl über 90 Punkten ergeben, wird der Antragsteller in Pflegegrad 5 eingestuft.

Pflegegrad 4: Ein Fallbeispiel

Frau Leitner ist 83 Jahre alt und lebt bei ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt. Sie leidet an einer fortgeschrittenen Alzheimer-Demenz.

Ihre kognitiven Fähigkeiten sind stark eingeschränkt: Sie erkennt ihre Familienmitglieder nicht mehr, kann sich weder zeitlich noch örtlich orientieren und reagiert häufig mit Unruhe oder ängstlichem Verhalten. Eine 24-Stunden-Betreuung ist erforderlich.

Ihre Tochter übernimmt die Hauptpflege, wird jedoch regelmäßig von einem ambulanten Pflegedienst unterstützt.

Persönliche Situation von Frau Leitner:

  • Modul 1: Sie kann sich mit Unterstützung noch im Haus bewegen. Allerdings besteht auf Grund ihres unsicheren Gangs eine beständige Sturzgefahr. Für die Beeinträchtigung ihrer Mobilität erhält Sie vom Gutachter 7 Punkte, die mit 7.5 Punkten gewichtet werden.
  • Modul 2: Frau Leitner erkennt ihre Familienangehörige nicht mehr, hat keine zeitliche/örtliche Orientierung und versteht Anweisungen kaum noch. Deshalb erhält sie hier 17 Punkte, gewertet werden 15 Punkte
  • Modul 3: Aufgrund ihrer vermehrten Unruhe, ständigem Umherwandern und ihrer Weglauftendenz vergibt der Gutachter 9 Punkte. Da die Punktzahl des Moduls geringer als bei Modul 2 ausfällt, wird Modul 3 nicht gewichtet.
  • Modul 4: Bei der Körperpflege, Ernährung, dem Toilettengang sowie dem An-/Entkleiden ist sie auf vollständige Hilfe angewiesen. Deshalb werden 24 Punkte vergeben, die mit 30 Punkten gewichtet werden.
  • Modul 5: Frau Leitner hat keinerlei Krankheitsverständnis, kann keine eigenen Entscheidungen mehr treffen und ist von der egelmäßigen Medikamentengabe durch ihre Tochter angewiesen. Hier erhält sie 6 Punkte, also 20 Punkte in der Gesamtgewichtung.
  • Modul 6: Sie braucht eine permanente Anleitung und Beaufsichtigung. Ein eigenständig geführter Alltag ist nicht mehr möglich. Die vom Gutachter hierfür 6 vergebenen Punkte, ergeben eine Gewichtung von 7.5.

Ergebnis

Frau Leitner zeigt aufgrund einer fortgeschrittenen Alzheimer-Demenz eine erhebliche Einschränkung ihrer Selbstständigkeit in nahezu allen Lebensbereichen. Die Alltagsbewältigung ist ohne vollständige Anleitung und Übernahme nicht möglich. Sie ist desorientiert, erkennt Angehörige nicht mehr und kann keine selbstständigen Entscheidungen mehr treffen.

Körperpflege, Toilettengänge und Nahrungsaufnahme müssen komplett übernommen werden. Aufgrund der hohen kognitiven Einschränkungen und dem damit verbundenen Pflege- und Betreuungsaufwand ist eine Einstufung in Pflegegrad 4 gerechtfertigt.

Fazit: Anspruch erkennen & Versorgung sichern

Wenn ein erheblicher Unterstützungsbedarf besteht, ist es umso wichtiger Leistungen zu beanspruchen, die die Lebensqualität der pflegebedürftigen Person bestmöglich erhalten können. Ob ambulante Hilfe, Pflegegeld, Tagespflege oder 24-Stunden-Betreuung - bei Pflegegrad 4 gibt es viele Versorgungswege, die individuell kombiniert werden können.

Wichtig ist eine gute Vorbereitung auf die Begutachtung und eine regelmäßige Überprüfung des Pflegebedarfs, um bei Verschlechterung rechtzeitig eine Höherstufung zu beantragen. Denn nur mit dem nötigen Wissen und der richtigen Unterstützung lässt sich auch eine komplexe Pflegesituation gut bewältigen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Leistungen gibt es bei Pflegegrad 4?

Sie haben Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kombinationsleistung, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Entlastungsbetrag, Tagespflege & Nachtpflege, technische Pflegehilfsmittel, Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Vollstationäre Pflege und weitere Pflegeleistungen.

Wie viel Geld gibt es (Stand 2025) bei Pflegegrad 4?

Die Höhe der Leistungen hängt davon ab, welche Unterstützung in Anspruch genommen wird. Viele Leistungen der Pflegeversicherung werden nur erstattet, wenn tatsächlich entsprechende Kosten anfallen, beispielsweise für Pflegedienste oder Betreuungsangebote. Eine Ausnahme bildet das Pflegegeld in Höhe von 800 Euro pro Monat, das direkt an die pflegebedürftige Person ausgezahlt wird, wenn die Pflege privat, etwa durch Angehörige, übernommen wird. Wird ein ambulanter Pflegedienst mit der Pflege beauftragt, wird von der Kasse ein monatlicher Zuschuss von 1.859 Euro gezahlt.

Welche Voraussetzungen müssen bei Pflegegrad 4 erfüllt sein?

Sie werden in Pflegegrad 4 eingestuft, wenn eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt. Dies bedeutet, dass die betroffene Person in mehreren Bereichen des täglichen Lebens auf umfangreiche Unterstützung angewiesen ist. Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF (bei Privatversicherten) anhand eines Punktesystems. Für Pflegegrad 4 sind 70 bis unter 90 Punkte erforderlich.

Wie beantrage ich Pflegegrad 4?

Der Antrag wird bei der Pflegekasse gestellt – formlos per Telefon oder schriftlich. Danach erfolgt eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst, der die Selbstständigkeit anhand von sechs Modulen prüft. Nach der Bewertung erhält der Antragsteller eine schriftliche Entscheidung über die Einstufung.

Quellen

(1) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 15 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__15.html

(2) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 28 Leistungsarten, Grundsätze: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__28.html

(3) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__37.html

(4) Soziales Gesetzbuch - Elftes Buch: Soziale Pflegeversicherung § 38 Kombination von Geldleistung und Sachleistung (Kombinationsleistung): https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__38.html

(5) Soziales Gesetzbuch - Fünftes Buch: Gesetzliche Krankenversicherung § 39e Übergangspflege im Krankenhaus: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__39e.html